Insolvenzantragspflicht (bedingt) für weitere sechs Monate aussetzen? Bloß nicht!

Aktuell ist die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen ausgesetzt. Diese Regelung ist derzeit befristet bis Ende September 2020. Experten erwarten im Anschluss eine Welle von Firmenpleiten. 

 

Nach aktuellen Informationen wird sich der Deutsche Bundestag nun in einer der kommenden Sitzungswochen mit einer möglichen Verlängerung bis März 2021 befassen.

 

Das ist kritisch zu sehen: 

 

Das deutsche Insolvenzrecht ist „Gläubigerinteressenrecht“; im Mittelpunkt steht die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger. Je länger ein Insolvenzantrag in der Krise hinausgezögert wird, desto mehr Vermögensmasse geht potenziell verloren und stünde damit nicht mehr für den Forderungsausgleich zur Verfügung.

 

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht beruht auf dem Prinzip Hoffnung – nämlich dass momentane Unternehmenskrisen vorrangig auf dem (heftigen) externen Schock der Pandemie beruhen und sich Betriebe nach dessen Überwindung schnell wieder erholen sollten. 

 

Aber ist das realistisch? Für einige Unternehmen werden die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu einer strukturellen Krise werden, die es erforderlich macht, die eigene Organisation und ggf. das ganze Geschäftsmodell anzupassen. Oder anders: Es wird immer mehr deutlich, dass ein „Zurück auf Anfang“ nach der Krise für viele Wirtschaftsakteure nichts als eine Illusion ist!

 

Die ausgesetzte Insolvenzantragspflicht begünstigt zudem in unangemessener Weise alle diejenigen Unternehmen, die sich auch vor der Pandemie – und damit ohne Einfluss von Covid-19 – in einer strukturellen Krise befunden haben.

 

Kurz gesagt: Eine weitere Aussetzung bis Ende März 2021 wird das Problem nicht lösen, sondern nur die Welle vergrößern – zum Nachteil der Gläubiger, aber auch der Unternehmen selbst. Denn: Auch innerhalb des Insolvenzverfahrens gibt es Wege und Möglichkeiten, den Fortbestand eines Betriebes zu erhalten und ihn zu sanieren. 

 

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay